Pic by Lukas Brexler
Pic by Lukas Brexler

BERGSTEIGEN > 24.07.2018 <

 

Fußstein | Nordkante

 

Lang war er, der Tag am Fußstein. Eine Tour, die ich schon lange auf dem Zettel hatte. So wie den Grundschartner, la Pilier du Frendo oder auch den Innominatagrat am Mont Blanc. Alles Touren, die vor allem eine Gemeinsamkeit teilten: Alle noch nicht gemacht. Also von mir. Von anderen natürlich schon.

 

Da Lukas seinen Wohnort vom beschaulichen münsterländischen Ennigerloh in ein ebenso kleines Kaff named Trins am Brenner verlegt hatte, boten sich zwei Dinge nahezu an: Erstens, die Tour mit Lukas zu gehen und

zweitens das Madratzenlager der Geraer Hütte gegen den Komfort seines Wohnzimmers zu tauschen und die Unternehmung als Tagestour zu starten.

 

Eine kurze Nacht und 1.500 Zustiegshöhenmeter weiter standen wir irgendwann am Randschrund und fragten uns:

 

Pack' mas? Pack' mas!

                          

Kurz zurück auf Los: "Der Fußstein, ursprünglich auch „Fuirstein“ (Feuerstein) genannt, ist ein laut österreichischem Bundesamt für Eich- und Vermessungswesen 3380 m ü. A., laut Literatur 3381 m ü. A. hoher Berg im Tuxer Kamm innerhalb der Zillertaler Alpen. Er ist wegen seines festen Granitgesteins ein bedeutender Kletterberg". 

 

So zu lesen beim Wikipedia.

 

Aber auch schon vor dem "Internetz" wurde über den Fußstein geschrieben. Vom Pause, dem Walter. In seinem, bzw. DEM Buch für den etwas ambitionierteren Kletterer: Im extremen Fels.

 

Zugegeben, die Nordkante ist eine der leichteren Führen in dem Buch, aber: A original Pause-Tour liegt vor uns. Yippieeeee...

Im Dunkel der Nacht legten wir die ersten Forststraßenzustiegskilometer auf Fahrrädern zurück, was den Puls mal gleich ordentlich in Wallung brachte. Die Räder im Wald bei der Materialseilbahn deponiert, stapften wir den gemütlich ansteigenden Pfad Richtung Geraer Hütte, die wir im ersten Morgenlicht erreichten. Den Gletscher überquerten wir nicht in einer großen Schleife, sondern stiegen direkt Richtung Randkluft. Wirklich Zeit hat uns das nicht gespart, aber es ging entgegen vieler Netzbeiträge eigentlich auch ganz gut, weil die Spalten nicht zu groß bzw. noch gut mit Schnee bedeckt waren.

Über Stock & Stein: Lukas im Zustieg Richtung Bergschrund
Über Stock & Stein: Lukas im Zustieg Richtung Bergschrund

Die manchmal heikle Randkluft war dank des schneereichen WInters sehr gutmütig zu überklettern, auch der Einstieg in die Tour war schnell gefunden. Man erreicht ihn nachdem man ca. 90 Metern das Band nach rechts gequert hat und er ist durch einen Bohrhaken gut markiert.

Die Kletterei an sich ist fantastisch. Die  Stände sind gebohrt und Schwierigkeiten moderat, den rauhen Granit gibt's umsonst dazu. Allerdings auch den Steinschlag, der durch vorauskletternde Seilschaften droht und der auf den Bändern - auf denen man sich zwischenzeitlich bewegt - auch schnell losgetreten ist. 

 

Es ist also schon von Vorteil, wenn man nach alter Feuerwehrart "erster Mann an der Spritze ist".

 

Im oberen Teil - nach dem Wandbuch - steilt es sich nochmal etwas auf und die folgenden Längen sind dann einfach nochmal wahnsinnig lässig. Und nie zu schwer, lässt sich einfach alles gut wegklettern. Und auch die Szenerie passt: Nebendran locken Olperer und Schrammacher, auch schöne Ziele.

 

Der Abstieg Richtung Geraer Hütte war dann lang. Also lang. Wirklich lang. So richtig weit. Inklusive Verhauer, der uns in die Südwestwand hat queren lassen und der uns bei der vorbildlichen Markierung auch nicht hätte passieren dürfen. Aber so sind sie, die übermütigen Gipfelbezwinger: Was kümmert uns schon eine eindeutige Markierung, wenn es woanders leichter ausschaut. Und auch, wenn wir zum ersten Mal hier sind, das geschulte Alpinistenauge des Wochenendbergsteigers findet doch immer den besten Weg, oder nicht? Nun ja, klüger und risikoärmer wär’ es gewesen, der „Beschilderung“ (die Abstiegsroute ist absolut vorbildlich mit roten Punkten top markiert) zu folgen, welche durch die Tiroler Locals eingerichtet wurde und den sichersten Weg weist. Die Korrektur unseres Versteigers hat dann doch was gedauert, weil wir uns durch das fürchterlich lose Granitzeugs einen Weg bahnen mussten. War nicht ganz ohne, aber wir hatten uns den Kram ja auch selber eingebrockt. 

 

Nachdem wir den Abstieg entlang des Südwest-Grates wiedergefunden hatten, ging es weiter beständig Richtung Wandfuss, den wir mit einem letzten Abseiler erreichten. Hatte ich schon gesagt, dass der Abstieg echt lang war? Also bis hierhin zumindest und danach auf jeden Fall auch noch. 

Denn es ging noch weitere 1,5 Stunden über unangenehmes Blockgelände zur Hütte und von dort aus weiter zu den Rädern. Dieses Gefühl, als wir uns nach der ewigen Latscherei auf die Sättel schwangen und die letzten Kilometer Richtung 

Auto rollten: Unbezahlbar. So wie der ganze Tag. Alpinismus at it‘s best.
Kann man mal machen.