BERGSTEIGEN / 14.04.2016

 

Aiguille Verte / Couloir Couturier / D

 

"Ein richtiger Bergsteiger ist man erst, wenn man die Aiguille Verte bestiegen hat." Sagt man zumindest in Frankreich und die Burschen dort wissen ja, wovon sie sprechen. Zumindest alpintechnisch.

 

Grund genug für Lukas und mich das französische Alpindiplom in Angriff zu nehmen. Ist zwar nicht zu vergleichen mit Loriot's Original Jodeldiplom, aber immerhin.

 

 Doch der Reihe nach....

Es ist April und Lukas und ich haben uns eine knappe Woche freischaufeln können. Und das zur klassischen Nordwand-Zeit im Frühjahr. Also, da kann ja quasi nichts schiefgehen. Die Wettervoraussagen gecheckt steht das Ziel schnell fest: Chamonix, da gibt's genug Eis für alle.

Eigentlich sollte dieser riesige Klotz das Highlight der gesamten Tourenwoche werden und wir hatten natürlich geplant, uns vorher an kleineren Routen zu akklimatisieren. Der "liebe" Wettergott versprach aber nur für den Samstag stabiles Wetter, für die restlichen Tage war unterer Durchschnitt vorhergesagt. Überheblich wie wir "Flachlandtiroler" dann halt  sind, muss dann eben mal "gebissen" werden, dann wird's schon gehen. 

 

Auf 02.30 h den Wecker gestellt wollten wir früh starten, um zu Tagesanbruch am Wandfuss zu stehen, von dem uns ca. 250 Höhenmeter trennten. Clever wie ich bin habe ich dann meine Uhr/den Wecker mal mit in den warmen Schlafsack verfrachtet, damit es ihm auch bloß nicht kalt wird. Mit der Folge, dass wir drei - also Lukas, der Wecker und ich - mal schön fett verschlafen haben. Gegen 04.30 Uhr war dann die Nacht vorbei und der Tourentag wurde mit zwei Stunden Rückstand begonnen. Na Bestens.

Nun, was solls. Dann konnten wir wenigstens noch ein paar g'scheite Bilder vom Zustieg machen :-)

 

"Gibt sicherlich schönere Bergschründe", denke ich mir, als ich mich über die unbequem große Randspalte schiebe und Lukas folge.

 

Nachdem wir 100 - 150 Höhenmeter im Trittfirn zurücklegen, kann Lukas die erste Schraube setzen. Wir haben uns für die Tibloc-Variante am laufenden Seil entschieden. Kostet zwar etwas Zeit, aber die Varianten wären entweder free solo oder die klassische Standplatzsicherung gewesen. Da bei einer durchschnittlichen Neignung von 65 Grad ein Sturz unewigerlich am Wandfuss enden würde, hat eine EIsschraube - alle 50 Meter gesetzt - irgendwie etwas beruhigendes.  Die technische Crux der Tour - eine Seillänge WI3 (allerdings gut gestaffelt)

brachten wir so hinter uns, anschließend wechselte die Führung. Im zweiten Teil überholten uns einige Seilschaften. Ungesichert unterwegs, die Seil & Ski am Rucksack platziert, spazierten die recht locker an uns vorbei. Die schlechte Akklimatisation - sprich gar keine - machte mir echt zu schaffen. Der Gipfel war in erreichbarer Nähe, wir hatten allerdings noch den Rückweg vor uns. Mangels Ski (Lukas) und mangels Ski & Fahrkönnen (ich) sah unsere Taktik vor, die Wand abzuklettern bzw. mit selbstgebohrten Abalakovs abzuseilen.

 

So haben wir uns ca. 200 Meter unter dem Gipfel entschieden, den Rückweg anzutreten. Gerade noch passend, um bei Dämmerung den Bergschrund wieder zu passieren.

Anschließend tappten wir im Licht der Stirnlampen über den Gletscher. Nachdem wir zunächst davon ausgingen, unser Zelt auch so zu finden, hatten wir uns irgendwann böse verlaufen. Glücklicherweise half unser GPS, den rechten Weg wiederzufinden. Erschöpft und glücklich, unser Basecamp wieder erreicht zu haben, sanken wir zufrieden in die Schlafsäcke.

 

Fazit: Ich habe viel gelernt auf dieser Tour. Erstens: Ausschlafen ist nicht immer cool. Zweitens: Die Taktik war in Ordnung, für den nächsten Versuch würde ich jedoch eine andere wählen. Drittens: Vertraue der GPS-Technik und nicht deinem Bauch und Viertens: Die Verte nimmt man nicht im Handstreich, schon gar nicht ohne ausreichende Akklimatisation.

 

"Merk' Dir das, Schröder und mach' es das nächste Mal besser. Oder versuch' es mit dem Jodeldiplom".

 

Ja, doch :-)

 

Übrigens: Lukas' Bericht findet Ihr hier...