BERGSTEIGEN > 05.09.2017 <

 

Tour Ronde / Nordwand (Variante) / D+ (M4+)

 

Wenn nach einem niederschlagsarmen Sommer zwei Bergsteiger am ersten Septemberwochenende in eine ausgeaperte, hochalpine Nordwand einsteigen, das ganze noch leicht verspätet, ohne Topo und mit fast leeren Handyakku, würde ein bayrischer Alpinist das vieleicht so kommentieren:  "Auf soa Schmarrn kimmen nur zwoa saudepperte Preißn".

 

Welche wie Manuel und ich, könnte man durchaus meinen. Aber ganz so "deppert" haben wir uns dann doch nicht angestellt.

 

Unzufriedenheit machte sich breit. Manuel und ich waren nunmehr bereits seit fast einer Woche in der Welthauptstadt des Alpinismus zu Gast, nur die Bedingungen ließen leider Wünschen übrig. Nachdem wir die ersten drei Tage im Tal bei wechselhaften Wetter verbracht hatten, nutzten wir die erste kleinere Wetterbesserung, um mit Sack & Pack an der Aiguille du Midi unser Zelt aufzustellen. Eine Nacht später empfing uns der Tag zwar mit stahlenden Sonnenschein, leider jedoch auch mit gut 20 cm Neuschnee. Wir machten das beste draus und überschritten den/die Pointe Lachenal. Bei den Verhältnissen war die Mixedkletterei teilweise etwas tricky, hat aber Laune gemacht.

Unser urlaubsbedingtes Zeitfenster zog sich langsam zu und wir mit ihm erstmal zur Turiner Hütte. Der Wetterbericht versprach noch einen Tag gutes Wetter und wir erhofften uns noch eine feine Tour. 


Die Tour Ronde war unser Ziel, über die Rebuffatführe sollte es zum Gipfel gehen. Wir starteten gegen 05.30 Uhr, mussten beim Einstieg jedoch feststellen, dass da mal viel zu wenig Eis vorhanden war. Das hätten wir eigentlich schon im Vorfeld erahnen können. Nun gut, schnell einen Plan B. „Dann halt die Nordwand“, so Manuel's Vorschlag. Die war er schonmal gegangen und als Trainer B Hochtouren hatte er auch Ahnung von dem ganzen Krams, den wir hier so fabrizierten. Gesagt, getan, um ca. 08:30-09:00 h ging es über den Bergschrund. Welcher schonmal nicht ohne war, weil recht groß (wenig Niederschlag im 2017er Sommer). Danach ging es auf Frontalzacken - die Wand war natürlich nicht verfirnt sondern recht aper - zum felsigen Mittelteil. Hat man den erreicht, führt der Normalweg durch die Nordwand rechts haltend durch ein Eiscouloir. Da jedoch nur das Couloir da war und wir auf das noch fehlende Eis auch nicht warten konnten, stiegen wir links in interessantes Mixedgelände ein. Da uns weder irgendwelche Haken oder sonstige Begehungsspuren den Weg wiesen, hat's halt etwas gedauert, den Weg nach oben zu suchen. 

 

Zu diesem Zeitpunkt hatten beide Handyakkus schon längst den Geist aufgegeben, von daher fällt eine bebilderte Doku unserer Tour heute leider aus. Der geneigte Leser muss daher meinen Zeilen glauben schenken, darüber hinaus gebe ich jedoch „der gesamten deutschen Öffentlichkeit mein Ehrenwort – ich wiederhole: Ich gebe Ihnen mein Ehrenwort!"– dass die hier gemachten Angaben der Wahrheit entsprechen. Hat nicht schonmal irgendjemand so etwas in dieser Form gesagt? Ach, egal :-D 

 

Im oberen Teil der Wand querten wir wieder auf den eisigen Normalweg und standen dann irgendwann auch am Gipfel. Hier erinnerte ich mich an meinen Ersatzakku für die GoPro und schon hatten wir dann doch noch ein Bild im Kasten.

Im Abstieg kamen wir nicht nur in die Dunkelheit, sondern auch vom Weg ab.

 

Einige heikle Passagen und einen wirklich "fetten" Steinschlag später (habe immer noch Gänsehaut wenn ich daran denke) haben wir es dann auf die Gletscherautobahn und auch wieder zurück zur Hütte geschafft.

 

Gab' sogar noch was zu essen. Echt lässig, diese Italiener.

 

Grazie dafür und auch an Dich, Manuel, für dieses alpine Highlight. War ein echtes Erlebnis und darüber hinaus - und das ist besonders wichtig - sind wir sehr safe hoch und wieder runter gekommen. Den Steinschlag mal ausgenommen, und den kann man ja nunmal nicht beeinflussen - hatten wir keinen wirklich kritischen Punkt während der Begehung. Das ist mir viel wert.


Ein paar Pics zu unserem Aufenthalt ham' wa aber doch...