Legendary Fleischbank Ostwand....
Legendary Fleischbank Ostwand....

FELS / 05.06.2015

 

"Wuides im Kaiser" / Fleischbank-Ostwand / Dülfer / 6 (UIAA)

 

Geschichte interessiert mich. Schon immer. Okay, als in der Realschule die Bronzezeit, das Mittelalter oder der 30jährige Krieg thematisiert wurden, hab' ich das Fach schon als recht fad' empfunden. Aber man wird ja älter und die jüngere Geschichte war dann auch nicht mehr so zäh' und langweilig.

 

Ergo interessieren mich auch immer die Geschichten hinter einer Tour, Route oder einem Berg, wenn ich draussen unterwegs sein darf.

 

Als HIghlight des 2015er-Sommers ist da sicher die Durchsteigung der Dülferführe an der Fleischbank-Ostwand zu bezeichnen.

 

Hans Dülfer gelang die Erstbesteigung im Jahr 1912, die Route gilt mithin als absoluter Klassiker und genießt einen fast schon legendären Ruf. Und ich mittendrin. A Wahnsinn.

 

Doch der Reihe nach... :-)

Lukas' und ich kennen uns erst seit kurzem. Was heißt kennen? Wir haben gemailt und ein/zweimal telefoniert, das wars dann aber auch. Ich hatte Lukas' Blog bereits seit längerer Zeit verfolgt und ihm nach seiner Winterdurchsteigung der Eiger Nordwand in einer persönlichen Nachricht zu seinem Husarenritt gratuliert. Daraus hat sich dann ergeben, dass man ja mal zusammen losziehen könnte.

 

"Eigentlich wollte ich ins Jura, aber Sportklettern geht ja irgendwie immer. Für eine gute alpine Tour lasse ich das jetzt mal sausen", erklärte mir Lukas am Telefon, als ich kurzfristig nach einem Wochenendtrip gefragt habe . "Cooler Typ", dachte ich mir so, "wie lässig ist das denn?"

 

Das Ziel Westalpen viel wegen schlechter Bedingungen aus, sodaß wir uns den Ostalpen zuwendeten. Ein Ziel war schnell ausgemacht: Großglockner via Mayerl-Rampe. Feine Tour, so machen wir das.

 

Lukas schlug vor, zum Einklettern etwas im Kaiser zu machen, schließlich waren ja noch nie unterwegs und es liegt ja quasi auf dem Weg. Ich so: "Ja, klar. Und was da so?" Die Dülfer höre ich Lukas noch sagen, bevor wir das Gespräch beendeten. Eine knappe Woche später, kurz vor der Abfahrt zu Hause, kommen mir Lukas' Worte in den Sinn. Was war das noch, die Dülfer? Sollte ja nur was zum gemütlichen Einklettern sein, also mal Herrn Google gefragt. Der hat dann doch glatt was schönes ausgespuckt: Predigtstuhl Westwand,  sechs Seillängen bis 4+. Aha, das muss es sein. Genau das Richtige zum Einklettern.

Die erste Seillänge geht's gemütlich im 3 Grad voran...
Die erste Seillänge geht's gemütlich im 3 Grad voran...

Nachdem ich Lukas von seinem Studienort in Stuttgart abgeholt hatte, machten wir uns auf den Weg Richtung Kaiser. Irgendwann habe ich dann ihn gefragt, welche Dülfer es denn sein soll und auf den Predigtstuhl verwiesen.

 

"Die Fleischbank", schoss es aus ihm heraus, und Lukas' konnte seine Vorfreude auf diesen alpinen Klassiker nicht verbergen :-)

 

Na ja, irgendwann muss ich ja mal die Hände aus den Hosentaschen nehmen und was Ernsthaftes machen, Lukas' Tourenbuch ließ mich seinen Fähigkeiten vertrauen. Und hinterher komme ich schon irgendwie.

 

So sollte es dann auch kommen. Der Brexler bringt's am Fels schon ganz gut zusammen und ich bin auch hinterhergekommen. Nach einer gemütlichen Nacht auf dem Parkplatz an der Griesener Alm ging es im Morgengrauen los Richtung Ellmauer Tor. Nach ca. 2 Stunden erreichten wir die Notrufsäule, von dort aus sind es nur ein paar Meter zum Einstieg.

Lukas am Ende des zweiten Quergangs
Lukas am Ende des zweiten Quergangs

Zunächst geht's recht chillig los, in der ersten Seillänge quert man in moderaten Schwierigkeiten in die Wand, danach ist man eigentlich stabil im 5. und 6. Grad unterwegs. Interessante und schöne Tour, die wir da vor uns haben.

 

Das Interessante: An den Standplätzen sind Bohrhaken vorhanden, dazwischen ist Selbstabsicherung gefragt, garniert mit ein paar geschlagenen Rostgurken. Schön deshalb, weil ich gemütlich hinterher klettern darf und Lukas einen sehr souveränen Vorsteiger gibt.  Gleich zweimal kommen wir in den Genuss der typischen Dülfer-Quergänge. Gut stehen und volle Konzentration ist hier das oberste Gebot für mich.

Griffe gibt' genug, nur wo sind die denn? Myself in den Ausstiegsrissen...
Griffe gibt' genug, nur wo sind die denn? Myself in den Ausstiegsrissen...

In den beiden letzten Seillängen - 13 und 14 - geht's dann ins große Finale. Kräftig zupacken ist in den Ausstiegsrissen angesagt. Etwas ausgelaugt bin ich schon, daher war ich am Ende der letzten Länge echt ausgepumpt. Zum Glück ging's dem Eigerbezwinger genauso :-)

 

Danach unschwer zum Gipfel und dort haben wir die Hälfte der Tour im Sack. Die Fleischbank-Ostwand, was für eine Tour. Da schmeckt die Gipfelrast gleich doppelt so gut.

 

Wir überschreiten dann den Berg Richtung. Süden und stehen nach weiteren 1,5 Stunden wieder am Ellmauer Tor. Danach geht's retour zum Parkplatz, den wir am späten Nachmittag erreichen.

 

Zwei kühle Bier runden einen perfekten Klettertag ab.

 

Zum Großglockner sind wir im übrigen nicht mehr gefahren. Erstens, weil uns die "Einklettertour"auch physisch einiges abverlangt hat und zweitens waren die Bedingungen dort recht unsicher. Das Wochenende versprach sehr warmes Wetter, weshalb wir dann entschieden haben, hier noch einen Klettertag dranzuhängen und dann den Heimweg anzutreten.

 

Wie sich im Nachhinein herausgestellt hat, wäre die Mayerl-Rampe wohl doch gegangen, aber die sollte dann im Herbst noch nachgeholt werden.

 

Lukas' Bericht gibt's übrigens hier